Übersetzung: Ask.fm fragt: Ist es nicht ungerecht, dass Japan so brillante Schriftsteller hat wie SCA-Ji und Romeo, während der Westen niemand Vergleichbares bieten kann?

Als ich, wie üblich, das Internet durchstöberte, stieß ich auf diesen einen bestimmten Blog-Artikel eines bestimmten Bloggers. Und da in letzter Zeit, mehr oder minder, mein Interesse für fiktionale Literatur geweckte wurde, überwältigte mich die Faszination. Schließlich ist das Reich der „visuellen Romane“ deutlich mehr als ein Spielplatz für Liebhaber von „Hentai-Games“. Augenscheinlich sehen die Menschen in ihm ein Heim für die größten Schriftsteller unserer Zeit, darunter insbesondere die zwei im Titel genannten. Wie ihr es euch wohl selber vorstellen könnt, packte mich ein Interesse, die im Artikel niedergelegten Gedanken einem anderen, deutschsprachigen Publikum zu präsentieren, obgleich sie nicht zu 100 % mit denen meiner übereinstimmt. Kastel, ein sehr belesener junger Mann, schildert in diesem Artikel besonders seine Gedanken zu im Titel genannten Wort „Japan“. Viel Spaß beim Lesen!



Wat.

Heißt es nun, von den ganzen brillanten westlichen Dichtern und Denkern von damals und von heute Abschied zu nehmen, wie Italo Calvino, F. Scott Fitzgerald, Mark Twain, Virginia Woolf, James Joyce, Raymond Chandler, Marcel Proust, Dorothy Allison, Jean-Luc Fabre, Victor Hugo, Gustav Flaubert, Vladimir Nabokov, Alfred Bester, Douglas Adams, Graham Greene, Lewis Carroll, Herman Melville, Roland Barthes, Roald Dahl, EB White, Oscar Wilde, Samuel Beckett, David Hume, Ted Chiang, Voltaire, Soren Kirkeegard, William Shakespeare, Kurt Vonnegut, Edith Wharton, Andy Weir, St. Augustine of Hippo, Patricia Highsmith, Harper Lee, Truman Capote, Frank Herbert, Joseph Heller, Fyodor Doestovsky, Nikolai Gogol, Sylvia Plath, Emily Dickinson, Maurice Sendak, T.H. White, E.M. Forster, Albert Camus, Ray Bradbury, Philip K. Dick, Stuart Dybek, Shirley Jackson, David Foster Wallace, Paul Torday, John Fowles, David Mitchell, Umberto Eco, Robert A. Heinlein, Henrik Ibsen, Ron Hansen, Ken Kesey, George Orwell, Jonathan Swift, Edward Said, Elie Wiesel, Jane Austen, Charlotte Bronte, Emily Bronte, H.P. Lovecraft, Christina Rossetti, John Steinbeck, Joseph Conrad, Washington Irving, Brian Doyle, Charles Dickens, William Faulkner, Stephen Pinker, Samuel Taylor Coleridge, Ludwig Wittgenstein, CS Lewis, HG Wells, Thomas Hardy, Alice Walker, Aldous Huxley, Anthony Burgess, JD Salinger, Edgar Allen Poe, Mary Shelley, Connie Willis, Bruce Sterling, John Irving, Arthur Miller, Eowyn Ivey, Max Weber, Dennis Lehane, Larry McMurtry, Sara Gruen, Cormac McCarthy, Jack Kerouac, Levi-Strauss und so weiter und so fort, welche eine Gruppe von modernen Schriftstellern vertreten, die für ein spezielles (anderes) Medium schreiben?

Eigentlich gibt es keinen Grund, diese Frage zu stellen, bedenkt man, wie viele dieser „modernen japanischen Schriftsteller“, die der Fragesteller anhimmelt, bei den genannten Schriftstellern nach Inspiration suchen. Ich [Kastel] hörte einst, Hikaru Sakurai liebe „Story of my Life“ und weitere Werke von Ted Chiang, genauso wie „Doomsday Book“ von Connie Willis. Alles brillante Geschichten aus dem Science-Fiction-Genre.

Außerdem ist es ignorant, zu denken, die Welt sei in Ost und West entzweit, auch hinsichtlich der Kunst. Kunst wird als Kunst gegenseitig ausgetauscht, sei es in Chicago, Ouagadougou, Shenzhen oder Leeds. Sie lebt von den verschiedenen Einflüssen. Wir können künstlerisches Gut nicht so trocken sehen wie materialistisches. Nein, sie ist damit unvergleichbar! Wir sollten uns glücklich schätzen, wie, ganz gleich in welcher Kultur, wir dasselbe lesen oder ansehen können, ohne davon ausgegrenzt zu sein. So versteht das zum Beispiel Hollywood, weshalb deren Filme oft am selben Tag, zur selben Zeit auch außerhalb des Westens veröffentlicht werden. Wenn nun Michael Bays Transformer 3 das Publikum über Bays Regie erzürnen lässt, weltweit versteht sich, wieso sollte sich dann nicht das gleiche mit Literatur anstellen lassen, vor allem mit Büchern und Visual Novels? Wir befinden uns in einer Welt, in der wir Transformers 3 nicht als „Film für Amis“ titulieren; es ist ein Film für alle und jeden, wo immer man sich befinde oder wohne.

Warum können wir uns nicht einfach überwinden zu sagen: „Ein Schriftsteller schreibt nicht länger allein für Landsleute; er schreibt für Bewohner eines Planeten, der sich Erde nennt“?

Und trotzdem, ein Amerikaner pflegt zu sagen, dass ein Buch eines amerikanischen Schriftstellers  „amerikanische Literatur“ sei, während ein Mensch einer anderer Nation es als „Weltliteratur“ betitelt. Zugegeben, es existieren bestimmte Nuancen, die ein amerikanisches Schriftstück, ein britisches Schriftstück, ein japanisches Schriftstück, ein südafrikanisches Schriftstück, usw. charakterisiert. Ohne Zweifel gibt es gewisse Genres und Erzählstile, die für die Literatur einer bestimmten Kultur typisch sind, und dennoch: warum können wir nicht akzeptieren, dass Literatur heutzutage der ganzen Welt gilt, nicht nur bestimmten Regionen?
Dummes WordPress erzählt, dass Menschen aus Sri Lanka meinen Blog lesen. Das kann ein Amerikaner unmöglich hinnehmen. Ein Amerikaner erwartet Amerikaner, die seinen Blog lesen. Wir reden uns selbst ein, dass japanische Schriftsteller doch nur für Landsleute schreiben, obgleich sich ein Murakami (oder ein beliebiger anderer) bewusst von westlichen Schriftstellern inspirieren lässt.

Als Konsequenz lauern Menschen, die inständig beteuern, dass die japanische Schreibkunst etwas einmalig Elitäres ist, dass sie ihr westliches Pendant mit all ihren in die Höhe ragenden Makel so einfach überflügelt. Dem ist allerdings nicht so. Was einen SCA-Ji oder Romeo so unvergleichbar macht, ist nicht ihr ethnisches Blut oder ihr Geburtsort – es ist, weil sie SCA-Ji und Romeo sind. Wage es nicht, sie als „japanische Schriftsteller“ zu backpfeifen, während du ihre Brillanz anhand ihren Sein als „japanische Schriftsteller“ begründest. Freilich machen sie von den typischen Erzähltechniken der japanischen Spach- und Schreibkultur Gebrauch – aber einen Scheiß bedeutet das. Wie sie schreiben, macht sie so besonders – nicht wie eine ganze Kultur sie dem Schreiben lehren.

Vielleicht habe ich die Frage zu wörtlich und übergenau beleuchtet. Vielleicht wollte der Fragesteller nur ausdrücken, „Mann, wenn es nur einen SCA-Ji des Westens gäbe. Das wär echt knorke!“. Natürlich wünscht man sich einen Schriftsteller herbei, der seinem Liebling ähnlich schreibt. Ich wünschte mir zum Beispiel, dass es mehr Menschen gäbe, die Douglas Adams ähnlich schreiben. „Mann, wenn es nur einen Douglas Adams aus Japan gäbe. Das wär echt knorke!“ Zwar war Douglas Adams ein britischer Schriftsteller und er liebte den typisch britischen, trockenen Humor, aber dennoch war er Douglas Adams. Ganz gleich, wie sehr danach gewünscht oder gesehnt wird, es wird ihn nicht von den Toten auferstehen lassen. Und es ist auch anzuzweifeln, auf einen Japaner zu stoßen, der seinen Humor in Form von japanischer Literatur schreibt.

Douglas Adams ist der Autor von „Per Anhalter durch die Galaxis“. Romeo Tanaka ist der Autor von „CROSS+CHANNEL“. SCA-Ji ist der Autor von „Subarashiki HIbi“. Alle sind einzigartige Persönlichkeiten. Es ist zweckloser Unfug, sich jemanden, der ähnlich schreibt, herbeizuwünschen, ihn auf magischer Weise erscheinen zu lassen. Zwar sind alle brillante Schriftsteller, aber, was wir auch tun, niemand wird sie ersetzen können.

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